Willkommen in Berlin, Herr Méndez !

Mendez in Berlin - Juni 2014 (9)Bildergalerie hier klicken

Bericht in Telepolis mit Möglichkeit zu kommentieren

Gewaltfreie Psychiatrie Jetzt !

UN-Sonderberichterstatter über Folter, Juan E. Méndez, hält Vortrag bei der DGPPN.
Deutsche Psychiater gewärtigen ihre Folter-Verbrechen.
Wann werden Zwang und Gewalt in der Psychiatrie endlich gebannt, wie es der Sonderberichterstatter fordert?

Juan E. Méndez hatte eine ungewöhnliche Einladung erhalten: eine Organisation der Täter, die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, hatte ihn zum Vortrag über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Strafen in der Psychiatrie am 19.6.2014 nach Berlin eingeladen. Als Sonderberichterstatter der UN über Folter hatte Juan E. Méndez in seiner Stellungnahme vor dem UN-Menschenrechtsrat letztes Jahr gefordert, dass “alle Staaten ein absolutes Verbot aller medizinischen nicht einvernehmlichen bzw. Zwangsbehandlungen von Personen mit Behinderungen verhängen sollten, einschließlich nicht-einvernehmlicher Psychochirurgie, Elektroschocks und Verabreichung bewusstseinsverändernder Drogen, sowohl in lang- wie kurzfristiger Anwendung. Die Verpflichtung, erzwungene psychiatrische Behandlung wegen einer Behinderung zu beenden, ist sofort zu verwirklichen und auch knappe finanzielle Ressourcen können keinen Aufschub der Umsetzung rechtfertigen.”1

Zugrunde liegen einerseits das Verbot rechtlicher Diskriminierung durch die UN-Behindertenrechtskonvention und andererseits die Erklärung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) wie des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dass die Definition der Folter im Lichte heutiger Bedingungen und der sich wandelnden Wert-vorstellungen in einer demokratischen Gesellschaft einer kontinuierlichen Neubewertung unterliegt.2

Beachtung hat die Erklärung des UN-Sonderberichterstatters in Deutschland insbesondere deswegen erfahren, weil von 9 Professoren, und 4 Rechtsanwälten, sowie einem  ehemaligen BGH Richter ein Bündnis gegen Folter in der Psychiatrie initiiert wurde, in dem sich inzwischen 20 Organisationen von Menschenrechtsaktivisten und Betroffenen zusammengeschlossen haben, siehe www.folter-abschaffen.de

Zynisch wirkt auf uns, dass diese Tagung angeblich eine „ethische Positionierung der DGPPN“  vorbereiten soll, aber dabei ausgerechnet von einem Präsidenten der DGPPN, Prof. Wolfgang Maier, eröffnet wird, der ein deutscher Erbhygieniker ist. Die Erbhygiene umetikettiert als „psychiatrische Genetik“, die Prof. Wolfgang Maier als Vorsitzender der Sektion „Genetics of Psychiatry“ bei der World Psychiatric Association vertrat, war die ideologische Grundlage, mit der Ärzte versuchten, ihr systematisches Gaskammer-Massenmorden ab 1939 in Deutschland zu rechtfertigen – das Mordsystem, das anschließend zum Massenmord an Juden, Roma, Sinti und Homosexuellen ins besetzte Polen exportiert wurde.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener und das Werner-Fuss-Zentrum haben zusammen mit Nina Hagen und anderen Unterstützern am 19.6. vor dem Quartier 110 in Berlin Mitte Juan E. Méndez willkommen geheißen, um ihm zu zeigen, dass Betroffene der psychiatrischen Folterungen genau wahrgenommen haben und froh darüber sind, dass er dieses Thema endlich aufgegriffen hat. Den Teilnehmern der DGPPN wurde gleichzeitig gezeigt , dass von Menschenrechtsaktivisten und Betroffenen gefordert wird:

Gewaltfreie Psychiatrie jetzt !
Dazu wurden Informationen  über das “Bündnis gegen Folter in der Psychiatrie” und über “Nun offensichtlich: Psychiatrie ist nackte Gewalt!” verteilt.
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1 Siehe Seite 5 hier: http://mdac.info/sites/mdac.info/files/march_4_torture.pdf

2 World Organization Against Torture (OMCT), The Prohibition of Torture and Ill-treatment in the Inter-American Human Rights System: A Handbook for Victims and Their Advocates(2006), S. 107, darin zitiert Inter-American Court of Human Rights, Cantoral-Benavides v. Peru, Reihe C, Nr. 69 (2000) Ziff. 99; ECHR, Selmouni v. France, Beschwerde Nr. 25803/94 (1999), Ziff. 101.