DGPPN: Anzeige wegen Volksverhetzung

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrieerfahrener und der Bundesverband Psychiatrie- Erfahrener haben den gesamten Vorstand der DGPPN mit dem Vorwurf der Volksverhetzung angezeigt. Rechtsnwalt Dr. Schneider-Addae-Mensah hat die Anzeige ausgearbeitet und der Staatsanwaltschaft Berlin zugestellt:

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R e c h t s a n w a I t s k a n z I e i
Dr. David Schneider-Addae-Mensah

L i c e n c i é  e n  d r o i t (TouIouse 1 9 9 4)
Kantstraße 4, D-76137 Karlsruhe • Tel. +49-(0)721-84086212 • Fax: +49-(0)721-84086214
www.schneider-addae-mensah.eu • E-Fax +49-(0)321-21015409

 

D-76137 Karlsruhe
Kantstraße 4
Tel. +49-(0)721-84086212
Fax + 49(0)721-84086214
E-Fax *49-(0)32121015409

Staatsanwaltschaft Berlin
Turmstraße 91

10559 Berlin
per beA

Karlsruhe, 30.06.2025
Mein Zeichen: 41/25

 

In der Sache
Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V. / Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V. ./. Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank und andere 
wegen: Strafverfahren, Vorwurf der Volksverhetzung

Hier zeige ich an, daß mich die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener und der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener mit der Vertretung ihrer Interessen in o.g. Sache beauftragt hat. Ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert und eine Vollmachtskopie auf Wunsch nachgeliefert werden.

Namens und im Auftrag meiner Mandanten erstatte ich

Strafanzeige

gegen

  • Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Reinhardtstraße 29, 10117 Berlin,
  • Prof. Dr. Andreas Bechdolf, Dieffenbachstraße 1, 10967 Berlin,
  • Dr. Raoul Borbé, Pfarrer-Leube-Straße 29, 88427 Bad Schussenried,
  • Prof. Dr. Harald Dreßing, J 5, 68159 Mannheim
  • Prof. Dr. Ute Habel, Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen
  • Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, J 5, 68159 Mannheim
  • Prof. Dr. Jürgen L. Müller, Wilhelmsplatz 1 (Aula), 37073 Göttingen
  • Prof. Dr. Thomas Pollmächer, Krumenauerstraße 25, 85049 Ingolstadt
  • Prof. Dr. Andreas Reif, Theodor-Stern-Kai 7, 60596 Frankfurt am Main
  • Prof. Dr. Ulrich Reininghaus,J 5, 68159 Mannheim
  • Prof. Dr. Henning Saß, Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen
  • Prof. Dr. Ingo Schäfer, Martinistraße 52, 20246 Hamburg 
  • Nancy Thilo, Reinhardtstraße 29, 10117 Berlin

wegen des Verdachts der Volksverhetzung und aller anderen in Betracht kommenden Straftaten.

Beqründunq:

A. Sachverhalt

Die Beschuldigten verfaßten gemeinschaftlich ein im Juni 2025 veröffentlichtes als sog. „Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V.“ bezeichnetes Pamphlet, in dem sie gegen Teile der Bevölkerung hetzen und zur Gewalt und Willkürmaßnahmen gegen diese aufrufen. Namentlich schreiben sie darin:

„Empfoh/ene Maßnahmen zur Gewaltprävention:

[…]

Konsequentere Nutzung der bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten für eine Unterbringung und Behandlung psychisch erkrankter Personen mit erhöhtem Gewaltrisiko, die sich nicht freiwillig behandeln lassen: Die derzeitige Praxis, eine Unterbringung in einem Krankenhaus nach PsychK(H)G nach (Teil-)Besserung einer akuten Symptomatik rasch zu beenden sowie die zum Teil große Zurückhaltung bezüglich einer unfreiwilligen medikamentösen Behandlung im Rahmen einer Unterbringung sollten überdacht werden. Darüber hinaus besteht nach Bundesgesetz (§ 328 FamFG) die Möglichkeit, eine unfreiwillige Unterbringung nach PsychK(H)G unter Auflagen (z. B. regelmäßige ambulante Behandlung einschließlich Medikamenteneinnahme) vorläufig auszusetzen. Diese Möglichkeit könnte in der Praxis in ausgewählten Fällen besser genutzt und mit der Überprüfung der Erfüllung der Auflagen verbunden werden.“

[…]

Beweis:

Pamphlet der Beschuldigten vom Juni 2025, veröffentlicht am 23.06.2025 siehe hier.

Diese Äußerungen wurden auch in der Presse veröffentlicht bzw. zitiert, u.a. in der FAZ vom 23.06.2025
(https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/reaktion-auf-messerattacken-patienten-auch-gegen-ihren-willen-behandeln-110551982.html
). Darin wird namentlich gefordert die Einsperrung und gewaltsame „Behandlung“ folgender Teile der Bevölkerung zu forcieren:

• psychiatrisierter Menschen
• Jugendlicher,
• Männer,
• Genießer,
• Gewaltopfer,
• Armer,
• Obdachloser und
• Asylbewerber

Beweis: Artikel FAZ, wie vor

B. Rechtslage

I. Volksverhetzunq isd. § 130 Abs. 1 StGB

Die Einsperrung von Menschen in einer Psychiatrie erfüllt den objektiven Tatbestand der Freiheitsberaubung. Die Freiheitsberaubung von Menschen über eine Woche erfüllt den Clualifikationstatbestand einer schweren Freiheitsberaubung gemäß § 239 Abs. 3 Nr. 1 StGB. Die Einsperrung eines Menschen erfüllt zudem den Begriff der Gewalt isv. § 130 Abs. 1 StGB.

Die Verabreichung psychoaktiver Substanzen an einen Menschen erfüllt den objektiven Tatbestand der Vergiftung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB und somit ebenfalls unproblematisch den Gewaltbegriff des § 130 Abs. 1 StGB. Das Pamphlet der Beschuldigten hat auch Appellcharakter und geht über ein bloßes Befürworten hinaus, was sich insbesondere aus dem Wortlaut und den Formulierungen der Gewaltforderung der Beschuldigten ergibt. So schreiben diese von „Empfohlenen Maßnahmen“, fordern die „konsequente Nutzung“ der fragwürdigen Zwangsbehandlungsgesetze und die Aufgabe rechtsstaatlich bedingter „Zurückhaltung“ bei Zwangsbehandlungen. Hieraus ergibt sich eindeutig ein Appellcharakter der inkriminierten Äußerungen.

Es handelt sich auch um ein Auffordern zu rechtswidriger Gewalt:

Die geforderten Übergriffe in den einschlägigen Fällen, mithin die zwangsweise Einsperrung und „Behandlung“ — namentlich über das aktuell praktizierte Maß hinaus — läßt sich nicht rechtfertigen, weder mit der — in der Regel fehlenden — Einwilligung der Betroffenen noch nach einschlägigen Psychiatriegesetzen, noch verfassungsrechtlich. Ob eine Rechtfertigung nach Letzteren überhaupt rechtsstaatlich und völkerrechtskonform ist, ist umstritten (siehe etwa die Gegenposition Bericht des VN-Sonderberichterstatter über Folter Juan Méndez vom 01.02.2013, http://mdac.info/sites/mdac.info/files/march 4 torture.pdf; WHO, Mental health, human rights and legislation Guidance and practice, S. 55, https://www.who.int/publications/i/item/9789240080737). Sie kann aus völkerrechtlicher Sicht auch dem Folterbegriff unterfallen (wie vor). In jedem Fall geht die ganz herrschende Meinung in Deutschland davon aus, daß Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung — wenn überhaupt — nur unter sehr engen Grenzen verfassungskonform sind (vgl. BVerfG, BVerfG, Beschluß vom 23.03.2011 zu 2 BvR 882/09, Rz. 45 ff.). Das Bundesverfassungsgericht verbietet sie namentlich zum Schutz Dritter außerhalb eines Anstaltssettings (vgl. ebd., Rz. 46):

„Als rechtfertigender Belang kommt insoweit allerdings nicht der gebotene Schutz Dritter vor den Straftaten in Betracht, die der Untergebrachte im Fall seiner Entlassung begehen könnte. Dieser Schutz kann auch dadurch gewährleistet werden, dass der Untergebrachte unbehandelt im Maßregelvollzug verbleibt. Er rechtfertigt daher keinen Behandlungszwang gegenüber einem Untergebrachten, denn dessen Weigerung, sich behandeln zu lassen, ist nicht der Sicherheit der Allgemeinheit vor schweren Straftaten, sondern seiner Entlassungsperspektive abträglich. “

Damit ist klar, daß jedenfalls (erhöhte) Gewalt zum Schutze der Allgemeinheit, wie sie die Beschuldigten fordern, keine gerechtfertigte Gewalt ist.

Bereits jetzt werden die konservativen verfassungsrechtlichen Grenzen der Gewaltausübung in medizinischen Settings in der täglichen Praxis regelmäßig überschritten und sind somit de facto mehr als ausgereizt. Ein weiterer Handlungsspielraum für mehr Gewalt gegen Betroffene besteht somit nicht. Dies wissen auch die Beschuldigten ganz genau.

Dennoch rufen diese sehenden Auges, daß noch mehr Gewalt jedenfalls verfassungsrechtlich nicht rechtfertigbar ist, hierzu öffentlich und durch Verbreitung eines Inhalts auf.

Daneben rufen die Beschuldigten auch zu Willkürmaßnahmen auf, da Zwangsbehandlungen nur psychiatrisierte Menschen betrifft und somit diskriminierend wirkt sowie die Opfer schwer schädigt. Sie werden in ihrer Persönlichkeit verändert (vgl. BVerfG, wie vor, Rz. 44).

Durch die Benennung konkreter Teile der Bevölkerung — zu allererst psychiatrisierter Menschen, daneben aber auch zahlreicher anderer Gruppen — und dem Eintreten für mehr Freiheitsberaubung und mehr gewaltsame Verabreichung von psychoaktiven Substanzen an diese rufen die Beschuldigten zur Gewalt gegen diese Bevölkerungsgruppen auf. Ihr Aufruf trägt, neben der Behindertendiskriminierung (vgl. BVerfG, wie vor, Rz. 53), kinderfeindliche, sexistische und xenophobe Züge.

Dieser Aufruf ist auch geeignet den öffentlichen Frieden zu stören. Das zeigt sich allein in der vorliegenden Strafanzeige, die durch zwei Psychiatrie-Opfergruppen mit einer Vielzahl an Mitgliedern gestellt wird. Zudem führt Gewalt zu Gegengewalt, was in besonderem Maße dazu geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Nicht zuletzt haben Menschen, denen Gewalt angetan wird, ein Notwehrrecht und es gibt auch ein Nothilferecht.

II. Volksverhetzunq isd. 1 130 Abs. 2 HS 1 lit. b) StGB

Auch die Tatalternative des Verbreitens und Zugänglichmachens auch minderjährigen Personen eines Inhalts, der zu Gewalt gegen die unter l. genannten Teile der Bevölkerung aufruft, ist vorliegend hilfsweise verwirklicht, wird jedoch aus hiesiger Sicht durch § 130 Abs. 1 StGB konsumiert.

III. Keine Rechtfertigunq oder Entschuldigung

Eine Rechtfertigung oder Entschuldigung ihrer Handlung scheidet ersichtlich aus. Derlei Gründe sind nicht ersichtlich. Die Beschuldigten handelten vielmehr aus egozentrischen eigennützigen Beweggründen um ihre „berufliche“ Tätigkeit und ihre Einkünfte zu sichern, auch durch Absatz weiterer Psychopharmaka. Bekanntermaßen werden Leute wie die Beschuldigten hierfür von der Pharma-Industrie zusätzlich entlohnt. Die Scheinrechtfertigung für mehr „Sicherheit“ zu sorgen, ist ersichtlich eine Schutzbehauptung. Da Gewalt Gegengewalt schafft, sorgen die hetzerischen Parolen der Beschuldigten, im Gegenteil, gerade für mehr Unsicherheit. Im übrigen ist es auch ein Märchen, daß psychiatrisierte Menschen gewalttätiger seien als nicht psychiatrisierte. Diese Behauptung ist ihrerseits bereits Teil der Tatbestandserfüllung in § 130 Abs. 1 StGB. Im übrigen widersprechen die Worte, die der Beschuldigten zu 1 in der Presse zugeschrieben werden, wonach „die Mehrheit der Menschen, die an diesen Erkrankungen leiden nicht gewalttätig sind“ (FAZ, wie vor), gerade dieser These.

VI. Ergebnis

Die Beschuldigten sind damit im Ergebnis einer Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 StGB schuldig.

 

Dr. Schneider-Addae-Mensah
Rechtsanwalt