Keine Begutachtung gegen den Willen!

Keine Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand bei Verweigerung der Mitwirkung durch den Betroffenen Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG; § 81 StPO; § 32 BVerfGG

Es geht los!

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich einen Schritt weiter auf der slippery slop (abschüssige Rampe) zur Abschaffung der Forensischen Psychiatrie eingelassen. Auch wenn das Hauptverfahren noch abgeschlossen werden muss, hat es sich mit dem Beschluss vom 19.05.2023 – 2 BvR 637/23  auf unsere Seite gestellt.  Wie schon in der Entscheidung vom August 2001 ist es unverhältnismäßig – also Unrecht -, eine Person  einzusperren, um eine psychiatrische Untersuchung zu erzwingen, selbst wenn gegen diese Person für ein Strafverfahren ermittelt wird.
(Das müsste dann sowieso und erst recht gelten, wenn eine Einsperrung und Untersuchung eine Betreuung legitimieren sollte, die doch nur dem Guten des Untersuchten dienen darf. Und das gilt doch wohl logischerweise auch für jede PsychKG Einweisung!)

Die Redaktion der Recht & Psychiatrie hat folgende Leitsätze daraus destilliert, siehe Anfang der Rechtsprechung hier:

1. Eine Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten bzw. Angeklagten gemäß § 81 StPO ist unverhältnismäßig, wenn sich der Betroffene weigert, die erforderlichen Untersuchungen zuzulassen bzw. an ihnen mitzuwirken. Insbesondere dann, wenn eine Exploration erforderlich wäre, die Mitwirkung hieran aber verweigert wird und ein Erkenntnisgewinn daher nur bei Anwendung verbotener Vernehmungs-Methoden oder einer anderen Einflussnahme auf die Aussagefreiheit des Betroffenen zu erwarten ist, ist die Anordnung der Unterbringung nicht verhältnismäßig.

2. Zielt das Untersuchungskonzept darauf ab, den Betroffenen in seinem Alltagsverhalten und seiner Interaktion mit anderen Personen zu beobachten, so steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer derartigen »Totalbeobachtung« unüberwindbar entgegen. In einem solchen Fall wäre der Betroffene nur noch Objekt staatlicher Erkenntnisgewinnung.

Anmerkungen von uns dazu:

  1. Eine Zwangsbegutachtung und eine Diagnose wird um so geschmeidiger mit einer vorgezeigten PatVerfü verhindert
  2. Als das am 19.5. entschieden wurde, hatten alle 16 BVerfG RichterInnen unseren persönlichen Brief vom 28.2. mit dem Hinweis und der Anfrage, ob sie nicht bei dem Essay-Wettbewerb mitmachen wollen, über 2,7 Monate zuvor erhalten. Ein Schelm wer da einen Zusammenhang vermutet?
  3. Wer wegen Unverhältnismäßigkeit nicht mehr zur Untersuchung in eine Psychiatrie eingesperrt werden kann, der kann das ganze Strafverfahren für eine Verurteilung mit § 63 von vornherein unterbinden, siehe 1. Das Kartell gegen § 63 erodiert weiter.