Prof. Volker Lipp unterstützt implizit die PatVerfü

Die Internet-Veröffentlichung dieses Textes von Prof. Volker Lipp, einem führenden Betreuungsrechtspezialisten an der Uni Göttingen, ist als zweiter Nutzen – mit der freundlichen Genehmigung des Gieseking-Verlags – der Festschrift für Hans-Joachim Dose entnommen, dem langjährigen Vorsitzenden des XII. BGH-Zivilsenats zu dessen Ausscheiden aus dem Richterdienst. Dieser Senat ist in allen Unterbringungs- und Betreuungsverfahren die letzte Instanz und muss entscheiden, anders als bei den Verfassungs-beschwerden, die das BVerfG eben nicht annehmen muss.

Vorsorgevollmacht und Menschenrechte

von Prof. Volker Lipp (Bild oben)
I. Einleitung

In einer alternden Gesellschaft und dank der Fortschritte der modernen Medizin nimmt die Zahl der Menschen zu, die wegen Alters, Krankheit oder Behinderung in ihrer Fähigkeit eingeschränkt sind, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Diese Menschen brauchen Hilfe und Unterstützung bei der Regelung ihrer Angelegenheiten. Sie müssen auch davor geschützt werden, dass andere ihre Schwächen und Verletzlich­keit ausnutzen und dass sie sich selbst schädigen. Hierauf können und müssen Staat und Recht reagieren.

Die traditionellen Instrumente dieses so genannten Erwachsenenschutzes1 sind Ent­mündigung sowie die Vormundschaft und die Gebrechlichkeitspflegschaft. Sie werden von einem Gericht oder einer Behörde angeordnet, sind also staatlicher Erwachsenen­schutz. Dieser steht in der Tradition des römischen Rechts und prägte die Rechtsordnungen weltweit über viele Jahrhunderte. Entmündigung, Vormundschaft und Ge­brechlichkeitspflegschaft werden allerdings seit längerem heftig kritisiert: Sie würden die Grund- und Menschenrechte der Betroffenen verletzen, sie würden den Staat stark belasten, und sie müssten deshalb abgeschafft oder reformiert werden.2

Die grund- und menschenrechtliche Kritik führte noch zu einer weiteren Forde­rung: Statt den staatlichen Erwachsenenschutz zu reformieren, sollten die Staaten nach Alternativen suchen, die die Selbstbestimmung des Betroffenen respektieren und staat­liche Eingriffe in seine Rechte vermeiden. Diese Forderung ist zunächst vom Europarat aufgegriffen worden3 und wird nunmehr auch vom Fachausschuss zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK)4 erhoben.5

Eine solche privatrechtliche Alternative zum staatlichen Erwachsenenschutz bietet die Vorsorgevollmacht. Der Einsatz einer Vollmacht zu Vorsorgezwecken wurden Deutschland schon mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs ermöglicht, jedenfalls im Vermögensbereich.6 Sie ist mit dem Betreuungsgesetz von 19907 in § 1896 Abs. 2 BGB ausdrücklich gesetzlich anerkannt und danach auf weitere Bereiche er­streckt worden. Heute ist die Vorsorgevollmacht in Deutschland weit verbreitet und akzeptiert. Beim Zentralen Vorsorgeregister bei der Bundesnotarkammer8 sind heute etwa 5,1 Millionen Vorsorgevollmachten freiwillig registriert;9 hinzu kommt eine unbekannte Zahl von Vorsorgevollmachten, die privat aufbewahrt werden. Lesen Sie mehr »