Ein verlogenes Parlament – Behindertenrechtskonvention: Beschlossen nur um sie zu missachten?

folter1Am 1. März bat die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener (die-BPE) mit einem Brief an alle Abgeordneten des Bundestages jeweils um eine Stellungnahme zu folgenden 4 Punkten:

Sie fügte, neben anderen Anlagen, die Broschüre einer wissenschaftlichen Untersuchung von Prof. Wolf-Dieter Narr und RA Thomas Saschenbrecker bei:
„Nachgefragt – die Reform der Zwangsbehandlung mit Neuroleptika in der Praxis der Betreuungsgerichte.”
Sie wertet eine Umfrage bei allen deutschen Amtsgerichten aus, siehe: http://www.psychiatrierecht.de/legende.htm.

In einer weiteren Beilage erhielten alle Abgeordneten einen Artikel des Chefarztes einer Psychiatrie, Prof. Karl H. Beine aus der „Psychiatrische Praxis” 2/2016, die beweist, dass es mit ausschließlich offenen Türen und ohne Zwang und Gewalt in der Psychiatrie besser geht und zwar in 5 Regionen mit Pflichtversorgung: Memmingen, Landsberg, Herne, Heidenheim, Hamm (siehe weiteren Bericht von Prof. Beine in der Süddeutschen Zeitung vom 25.2.2016 im Internet: http://tinyurl.com/hwcuj25)

Prof. Beine offenbart, „…dass die allermeisten Unterbringungsgesetze es längst der Krankenhauspsychiatrie überlassen, mit welchen Mitteln eine gerichtlich angeordnete Unterbringung mit Freiheitsentzug realisiert wird. Der Gesetzgeber schreibt die geschlossenen Stationen jedenfalls nicht vor.”

Alle Abgeordneten sind also darüber informiert, dass die Politik im Bund und den Ländern es einer Willkürherrschaft von Medizinern überlässt, ob Personen, die psychiatrisch „diagnostiziert” – sprich verleumdet – wurden, Freiheitsberaubung und sogar Körperverletzung erdulden müssen, die schärfste Sanktion in einem Staat, in dem die Todesstrafe abgeschafft ist. Statt dass die Gesetzgeber, wie es gemäß § 3 GG und der Behindertenrechtskonvention selbstverständlich wäre, alle Bürger gleich vor solchen Grundrechtsverletzungen schützen, öffnen sie mit psychiatrischen Sondergesetzen, insbesondere dem § 1906 BGB, dem § 1896 BGB und § 63 StGB ärztlicher Willkür Tür und Tor.

Dagegen bieten Gerichte keinen Schutz, denn wie durch die Untersuchung von Prof. Narr und RA Saschenbrecker bewiesen ist, wird der ärztliche Entscheidungsspielraum, Zwang und Gewalt anzuwenden, nicht eingeengt, sondern von genauso willkürlichen Entscheidungen der Richterinnen und Richter gedeckt.
Das ist im Ergebnis ein totales, anti-humanes Politikversagen!

Da die-BPE keine Antworten bekam (außer einer Karte mit einem 5 Zeiler von MdB Lothar Binding, die er aber nicht gestattete zu veröffentlichen) hat sie in einer Mitgliederversammlung beschlossen, den Brief mit einem Hinweis auf die völlige Sprachlosigkeit des Bundestages im Internet zu veröffentlichen. Er ist nun hier zu finden:
http://www.die-bpe.de/MdB_Brief_2016.htm