Intellektueller Ritterschlag für Gert Postel im Merkur

Gert PostelEin ausgezeichneter Essay von Burkhard Müller im Merkur 2/2016, Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken:

GERT POSTEL
Die Einsamkeit des Hochstaplers

Ist das Bild mit dem Papst eigentlich echt? Aber selbstverständlich, sagt Gert Postel, für einen Betrüger auf dieser Ebene möchte ich ihn bitte nicht halten. Wir haben uns in Tübingen getroffen, wo Postel seit einigen Jahren unbehelligt und unerkannt gelebt hat – solange, bis er sich entschied, die selbstgewählte Obskurität zu verlassen, im örtlichen Kulturzentrum aufzutreten und der regionalen Zeitung ein Interview zu geben. Seither also dürfen die Tübinger wissen, wer unter ihnen weilt…

….Was ihn, nachdem er aufgeflogen war, hätte demütigen sollen, nämlich dass er vor jenem Leipziger Gericht stand, für welches er so oft tätig geworden war, gab ihm stattdessen Genugtuung: Hier wurde nun er selbst untersucht von dem bekanntesten deutschen Gutachter-Gespann, dem „Schreckenspaar“ Leygraf / Nowara, deren Handbuch er so fruchtbar ausgeschrotet hatte. Postel entbot ihnen einen kollegialen Gruß und suchte die Erinnerung an gemeinsame Erlebnisse zu wecken: Wenn wir damals so zusammen gegutachtet haben…. Worauf es den beiden zunächst die Sprache verschlug, dann aber kam es wie aus einem Munde: Sie haben nie gegutachtet! Postel seinerseits behält es sich vor, gestützt auf seine mehrjährige praktische Erfahrung, beim Gutachten, das die beiden schließlich über ihn abliefern, jene „diagnostische Extraklasse“ zu vermissen, auf die er bei diesen Koryphäen Anspruch zu haben glaubt.

Ihm wurde schließlich eine „maligne narzisstische Störung“ bescheinigt, ebenfalls ein Befund, der klinisch nur geringen Rückhalt besitzt: Das Wort „malign“ bedeutet, aus dem Medizinerlatein übersetzt, „bösartig“ (z.B. bei Tumoren) und bezeichnet den Punkt, wo der gekränkte Stolz des Fachmanns auf verheerende Weise ins Persönliche übergeht: Vom Krankheitsbild springt es in den wütenden Vorwurf und von der diagnostischen Autorität ins Menschlich-Allzumenschliche. Gern hört Postel die Anekdoten, die ich meinesteils zu diesem Thema beizusteuern habe, war doch mein Vater Staatsanwalt, der viel mit Fragen der Zurechnungsfähigkeit bei Straftaten zu tun hatte und nie ohne leisen Spott von der Psychiatrie sprach; sie schien ihm den Kontakt zum gesunden Menschenverstand verloren zu haben. Vor allem, so meinte er, wundere er sich immer über die geringe Distanz dieser Fachleute zu ihren Schutzbefohlenen. Wenn es bei einer der regelmäßigen Unterbringungs-Prüfungen zu einem Gespräch zu dritt kam – Psychiater, Staatsanwalt, Untergebrachter – dann habe der Psychiater zum Beispiel vorgetragen, erst neulich hätte der Patient eine Tasse zu Boden geworfen und zerbrochen, was dieser allerdings mit dem harmlosesten Ton der Welt bestritt: Die sei ihm doch bloß heruntergefallen. Worauf der Psychiater mit vollem persönlichen Einsatz erwiderte: Nein, nein, er habe es genau gesehen, der Patient habe sie absichtlich kaputt gemacht!

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Diese Veröffentlichung wurde vom Autors und Merkur freundlich genehmigt und ist  ein Auszug des im März 2016 neu erscheinenden Buchs: “Fälschungen, Verwandlungen – Vom schönen Schein der Bilder, Häuser und Menschen” (Verlag zu Klampen)

Die Gert Postel Gesellschaft hat diese Veröffentlichung zum Anlass genommen ihre Website zu erneuern: http://www.gert-postel.de
Dort sind Videos, Texte und Rezensionen über Gert Postel zu finden, eine Fundgrube für alle, die mehr über Gert Postel wissen wollen, incl. seiner E-Mail Adresse und seinem Twitter Accout.