Aufruf zur Dauerdemo
12 Wochen, vom 3. Sept. bis 25. Nov. 2008, Demonstrationen vor dem Sitz der Gesundheitssenatorin in Berlin
Aufruf dazu:
Artikel 14, 1b) UN Disability Convention:
Das Vorliegen einer Behinderung rechtfertigt in
KEINEM Fall eine Freiheitsentziehung.
Auch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte fordert [1]:
Weg mit den Psychisch-Kranken-Sondergesetzen! Sofort!
Wir fordern:
Entweder müssen die Zwang und Gewalt legalisierenden Anteile des PsychKG Berlin vor der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention aus diesem gestrichen worden sein, da sie mit der Konvention nicht vereinbar sind, oder das PsychKG muß gleich ganz abgeschafft werden.
Das Psychisch-Krankengesetz Berlin (PsychKG Bln) regelt die Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung von Menschen, die von einem Psychiater als „psychisch krank“ oder „geisteskrank“ und als „selbst- und/oder fremdgefährdend“ verleumdet werden.
Die Personen, die aufgrund einer solchen „Diagnose“ und einer Richterentscheidung auf Grundlage des PsychKG Bln ihrer Grundrechte auf ‘Freiheit der Person’ und ‘Körperliche Unversehrtheit’ beraubt werden, haben keine Straftat begangen!
Zwangsunterbringung bedeutet Einsperrung in eine Einrichtung, die „Psychiatrisches Krankenhaus“ genannt wird, und Zwangsbehandlung heißt, dass eingesperrten Menschen gegen ihren Willen bewußtseinsverändernde und körperlich stark schädigende psychiatrische Drogen durch Nötigung aufgezwungen oder gewaltsam verabreicht werden.
Die Zuschreibung, Definition und „Diagnose“ von „Geisteskrankheit“ erfolgt nach rein subjektiver Bewertung von von der „Norm“ abweichenden Verhaltens, unterliegt einem stetigen gesellschaftlichen Wandel (vgl. „Demokratiewahn“, Weglaufsucht bei Sklaven: „Drapetomania“ und „Homosexualität“ als Diagnose etc.), ist also nur eine Verhaltensklassifikation und entbehrt jeglicher Beweise. So sind bei Obduktionen Verstorbener noch nie Geisteskrankheiten nachgewiesen worden und werden es auch niemals werden.
Die vom PsychKG Bln geregelte Einsperrung und das gewaltsame Verabreichen von „mind-altering-drugs“, wie man diese Drogen im Menschenrechts-Jargon nennt, die Erpressung des Geständnisses „Krankheitseinsicht“, das Brechen des Willens der Betroffenen und das Erleben totaler Entrechtung erfüllt alle Kriterien der Folter nach der UN-Antifolterkonvention vom 10. Dezember 1984, aber ist eigentlich schon mit der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 verboten.
Im internationalen Menschenrechtsdiskurs wurde und wird vor allem das gewaltsame Verabreichen von „mind-altering-drugs“ gegen den Willen als schwere Folter bezeichnet.
Das PsychKG Bln regelt also diese Folter von psychiatrisch diagnostizierten „Geisteskranken“ unter dem Deckmantel der „medizinischen Behandlung“, die sich als eine „Behandlung zum ‘Wohle’ der Betroffenen“ darstellen soll, obwohl sie in anderen Zusammenhängen überall als Folter erkannt wird. [2]
Menschen, die solche „Behandlung“ schon erfahren haben, werden durch diese Sondergesetze Berlins, des Bundes und der übrigen Länder der BRD und durch ein umfassendes, seit Jahrzehnten staatlich organisiertes Repressions- , Aussonderungs- und Foltersystem im „fürsorglichen Gewand“ behindert. [3]
Die die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnenden und ratifizierenden Staaten verpflichten sich zu einer gleichen Anerkennung Behinderter und Nicht-Behinderter vor dem Recht.[4]
Die Unvereinbarkeit der UN-Behindertenrechtskonvention mit dem PsychKG Bln beziehungsweise dessen den psychiatrischen Zwang legalisierenden Anteilen wird in dem Rechtsgutachten[3] nachgewiesen.
Die Gutachter kommen in ihrem Fazit zu dem Schluss:
Nach der vorstehend entwickelten und in der Betrachtung des bundesrepublikanischen Rechts zugrunde gelegten Auffassung sind Zwangsunterbringung und -behandlung nach den §§ 8 Abs. 1, 30 Abs. 2 S. 2 PsychKG Bln mit Art. 14 Abs. 1 lit. a) sowie Art. 12 Abs. 2 BRK nicht vereinbar: Psychisch Kranke nach § 1 Abs. 2, 3 PsychKG Bln sind Behinderte im Sinne der Behindertenrechtskonvention. Ihnen darf nach der BRK gegen ihren bekundeten Willen aufgrund einer psychischen Erkrankung weder die Freiheit entzogen, noch zwangsweise eine medizinische Behandlung angediehen werden.
(Kalek/Hilbrans/Scharmer 2008 – Siehe auch: www.die-bpe.de/stellungnahme)
Alle 2424 Abgeordneten der BRD, sowohl des Bundestages als auch der Parlamente der Länder der BRD, haben dieses 45 seitige Rechtsgutachten[3] bereits im April diesen Jahres erhalten.
Aus den eingegangen Antworten lässt sich jedoch entnehmen, dass nicht daran gedacht wird, die entsprechenden Vorbereitungen zur Abschaffung des PsychKG Bln (bzw. zur Streichung der Zwang und Gewalt legalisierenden Anteile darin) zu treffen.
Statt dessen wird am Konventionsbetrug gearbeitet:
Die Behindertenrechtskonvention soll möglichst schnell ratifiziert werden, damit keine politische Forderung mehr diskutiert, sondern nur noch Bettelei ignoriert werden muss.
Die Antworten, die wir erhielten sind erschreckend und offenbaren, dass an dieser radikal diskriminierenden Gesetzgebung mit den haarsträubendsten Begründungen festgehalten werden soll:
Den letzten Beweis, wie der Konventionsbetrug bewerkstelligt werden soll, hat uns die sog. „Denkschrift“
als Teil des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 1.10.2008 gelieferrt [5], in dem auf Seite 52 insbesondere die Verdrehung des Sinns der Artikel 12 und 14 in deren Gegenteil entlarvend ist. In der Denkschrift wird die Schutzbehauptung aufgestellt, die UN Behindertenrechtskonvention würde nur Einsperrungen allein aufgrund „psychischer Erkrankung“ verbieten: welche Dreistigkeit und Ignoranz damit der Konvention gegenüber an den Tag gelegt wird, zeigt sich anhand einer einfachen Analogie sofort:
Wenn statt der Bedingung “psychische Erkrankung” im PsychKG das Wort “schwarze Hautfarbe” stehen würde (die im Gegensatz zu einer angeblichen „Psychischen Krankheit“ wenigstens noch objektiv feststellbar wäre), dann wäre sofort klar, dass das eine rassistische Gesetzgebung wäre, bzw. eine diskriminierende Gesetzgebung verteidigt würde: Eine Fremd- und Selbstgefährdung, die nur bei Schwarzen zur Einsperrung führt, wäre eine solche und selbstverständlich nicht nur dann, wenn allein aufgrund von schwarzer Hautfarbe eingesperrt würde. Genau diese rechtlichen Diskriminierungen im Bereich von Behinderten zu beenden, ist Sinn und Zweck der neuen Konvention, wie das Gutachten von Kaleck et al. beweist,
das durch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in einer Erklärung ausdrücklich bestätigt wird, siehe Fußnote [1] .
Wir sind nicht nur enttäuscht, sondern empört und möchten auf die Geschichte der Verfolgung angeblich „psychisch Kranker“ in Deutschland hinweisen: nicht nur die in unserer Analogie verwendete schwarze Haut hat Deutsche schon zu systematischen Ausrottungsmaßnahmen veranlasst, sondern auch Personen, die mit einer angeblichen „psychischen Krankheit“ verleumdet wurden, wurden mit Gaskammermassenmord von 1939-1941 und mörderischen Spritzen und Hungermassenmord von 1941-1948 bekämpft. Selbstverständlich wurde selbst bei diesen Mordaktionen behauptet, sie seien „zum Besten“ der Ermordeten!
Die brachiale Entrechtung in den Psychiatrien war der Ausgangspunkt für das Gaskammermassenmorden. Die Mordaktion von Ärztehand ging auch ohne Nazi-Herrschaft bis 1948 weiter. Die unter heuchlerischem Vorwand betriebene Entrechtung und Misshandlung angeblich „psychisch Kranker“ war damit aber nicht zu Ende: wie die Schutzhaft in Diktaturen wird sie mit angeblicher „Fremd- und Eigengefährdung“ als Sondergesetz legalisiert. Wenn nun auch noch eine UN-Konvention, die diese Sondergesetzgebung verbietet, zum Garanten der Fortsetzung dieser Entrechtung verdreht wird, kann unsere Antwort auf die beabsichtigte Ratifizierung der Konvention nur unser erbitterter Widerstand sein.
Da der Berliner Senat von einer Koalition zwischen SPD und DIE LINKE angeführt wird, liegt bei diesen zwei Fraktionen die Verantwortung zur Abschaffung des PsychKG Bln (bzw. der ihm innewohnenden Gewalt und Zwang legalisierenden Anteile) und zur Zustimmung zur Ratifizierung der UN-Behindertenrechts-konvention im Bundesrat. Eine Schlüsselrolle spielt hierbei die Gesundheitssenatorin in deren Ressort die Umsetzung dieses Teils der Konvention fällt.
Die für das Ressort zuständige Linkspartei hat jedoch den geplanten Betrug und den Zweck des Betrugs bereits offenbart. Im Auftrag von Partei und Bundestags-Fraktion schrieb uns deren behindertenpolitischer Sprecher, MdB Dr. Ilja Seifert am 7.5.2008:
Wenn wir die Sicherung der elementarsten Abwehrrechte
tatsächlich als Grundbedingung vor die Ratifizierung setzen, laufen wir Gefahr, einer Verschiebung der Ratifizierung auf den St.-Nimmerleinstag Vorschub zu leisten.
Er erkennt damit zwar die psychiatrischen Mißhandlungen als Verletzung der elementarsten Grundrechte an, um dann die Beseitigung jener auf den St. Nimmerleinstag zu verschieben. Warum? Weil seine Berliner GenossInnen, die Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher und deren Staatssekretär Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, die die politische Macht besitzen, das Berliner PsychKG zu beseitigen, gedeckt werden sollen, um die psychiatrische Gewalt unangetastet zu lassen!
Dr. Seiferts ungeheure Kaltschnäuzigkeit gegenüber elementarsten Grundrechten erinnert fatal an Stalins Ignoranz der Menschenrechte in dessen Gulag-Politik bei gleichzeitiger Unterschrift unter die UN-Erklärung der Menschenrechte 1948.
Fazit:
Heuchler planen den Konventionsbetrug, um weiter psychiatrisch zu foltern
Gegen diese geplanten Betrug rufen wir zur unbefristeten Demonstration auf.
Ab dem 3. September 2008 werden wir uns jeden Werktag von 15:30 Uhr bis 18:00 Uhr vor dem Sitz der Gesundheitssenatorin, vor der Brückenstr. 6 (Nähe S-Bhf Jannowitzbrücke) versammeln, um unserem Unmut Ausdruck zu verleihen.
Antipsychiatrische und betroffenenkontrollierte Informations- und Beratungsstelle, Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V., Irren-Offensive e.V., Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Berlin-Brandenburg e.V., Werner-Fuss-Zentrum GbR
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[1] siehe Erklärung: www.ohchr.org/EN/UDHR/Documents/60UDHR/detention_infonote_4.pdf
[2] UN-Antifolterkonvention, angenommen durch die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1984, in Kraft getreten 1987:
Teil 1, Artikel 1, Absatz 1:
(1) Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck “Folter” jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel, um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen, in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind.
Siehe auch: ZWANGSPSYCHIATRIE EIN FOLTERSYSTEM www.iaapa.de/zwang2_dt/halmi.htm
[3] Die Menschenrechtsanwälte W. Kalek, S. Hilbrans und S. Scharmer schreiben in ihrem Rechtsgutachten mit dem Titel:
„Ratifikation der UN Disability Convention vom 30.03.2007 und Auswirkung auf die Gesetze für so genannte psychisch Kranke am Beispiel der Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung nach dem PsychKG Berlin“,
bezüglich des „Behindertenbegriffes“ der UN-Behindertenrechtskonvention:
Es „muss der Personenkreis, welcher nach der Rechtsprechung unter die Anwendung des PsychKG Bln fällt, als behinderte Menschen im Sinne der Präambel lit. e) und Art. 1 Abs. 2 BRK verstanden werden, und zwar unabhängig davon, ob bei ihnen tatsächlich ein „psychisches Defizit“ besteht oder nicht. … Durch den Behinderungsbegriff der BRK wird damit sichergestellt, dass psychisch behinderte Menschen nicht als „krank“ eingestuft, sondern in den Schutzbereich des Übereinkommens einbezogen werden [75] .“
[75] Degener, VN 2006, 104 (106) (Kalek/Hilbrans/Scharmer 2008 – Siehe auch: www.die-bpe.de/stellungnahme)
[4] Artikel 12 der Konvention
Gleiche Anerkennung vor dem Recht
(1) Die Vertragsstaaten bekräftigen, dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, überall als Rechtssubjekt anerkannt zu werden.
(2) Die Vertragsstaaten anerkennen, dass Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt mit anderen Rechts- und Handlungsfähigkeit genießen.
Artikel 14 der Konvention
Freiheit und Sicherheit der Person
(1) Die Vertragsstaaten gewährleisten,
a) dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit genießen;
b) dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen die Freiheit nicht rechtswidrig oder willkürlich entzogen wird, dass jede Freiheitsentziehung im Einklang mit dem Gesetz erfolgt und dass das Vorliegen einer Behinderung in keinem Fall eine Freiheitsentziehung rechtfertigt.
(Quelle: files.institut-fuer-menschenrechte.de/437/UN_BK_Konvention_Internet-Version_FINAL.pdf (Link funktioniert nicht mehr))
[5] siehe: Bundestags Drucksache 16/10808]