Gustl Mollath wurde am 6.8. freigelassen

Am 15.8.  konnte er sich in der ARD Sendung “Beckmann” frei äußern, endlich ohne die Bedrohung für seine Worte in der Haft danach Repressalien ausgesetzt zu sein. Was er dabei zu sagen hat, hat er schon in einem am selben Tag veröffentlichten Interview im Stern angedeutet, Zitat daraus:

“Der freigelassene Gustl Mollath erhebt schwere Vorwürfe gegen die Psychiatrien in Deutschland. Er sei willkürlich gedemütigt und erniedrigt worden und habe damit rechnen müssen, unter Zwangsmedikation gestellt zu werden, sagt er im Interview mit dem Stern. Die Folgen habe er bei anderen Patienten mit ansehen müssen: Ein Mitpatient etwa habe sich von einem Medikamentencocktail so schwer erbrechen müssen, “als müsste er seine Innereien rauswürgen“, berichtet Mollath. “Da werden Menschen folterähnlichen Umständen ausgeliefert.” Nach außen hin sei die Darstellung der Kliniken geschönt, behauptet er. “Da fällt es schwer zu glauben, dass die Unterbringung die Hölle sein kann.

Bei all der erfreulich aufmerksamen Medienberichterstattung fällt aber eines auf: NIE wird darauf hingewiesen, dass der § 63 zum unbefristeten Wegsperren in der Forensik seit 1.1.2009 illegal geworden ist, weil er mit der zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Behindertenrechtskonvention unvereinbar ist. Das hat das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte unmissverständlich klargestellt, siehe Artikel 47 in dessen Stellungnahme vom 26.1.2009 an die UN-Vollversammlung.

Auf zwei relativ kritische Artikel/Kommentare möchten wir hinweisen. Der Beste, wirklich lesenswerte, ist am 8.8. im Neues Deutschland erschienen:

Zwangspyschiatrie: Freiheit am seidenen Faden
In Bayern teilen über 2000 Menschen Mollaths bisheriges Schicksal”
Gustl Mollath hat seine Chance. Sein Fall wird neu aufgerollt, die Entlassung aus der Psychiatrie ist bereits erreicht. Die meisten der 2525 Menschen, die in Bayerns 14 geschlossenen psychiatrischen Anstalten sitzen, werden eine solche Gelegenheit nie erhalten.

Und Jakob Augstein schreibt bei Spiegel-Online:

Fall Mollath: In den Fängen des Paragrafen 63
Was lernen wir aus dem Fall Mollath? Ärzte und Richter unterwerfen sich allzu leicht einer Ideologie der totalen Sicherheit. Aber die Würde der Eingesperrten ist unser aller Würde – die Politik hat das seit Jahrzehnten nicht wahrgenommen….”

Einer kompletten Fehleinschätzung unterliegt Jakob Augstein aber, wenn er behauptet: “Stattdessen hat sich die Psychiatrie in ihrer unglücklichen Ehe mit der Justiz eingerichtet.” Sie ist das große Glück der Psychiatrie! Das hat sie letzten Herbst durch die Aufdringlichkeit bewiesen, mit der sie vom Gesetzgeber illegale “Berechtigungen” zum Foltern verlangt hat, als das Bundesverfassungsgericht endlich festgestellt hatte, dass Zwangsbehandlung noch NIE in der BRD rechtens war: Nun offensichtlich: Psychiatrie ist nackte Gewalt! Hingegen scheint die Justiz immer unglücklicher über die Vermählung mit der Medizin zu sein, wie sich durch die ironischen Bemerkungen des Vorsitzender BGH Richters Armin Nack über Gert Postels Gutachtertätigkeit zeigt, siehe Video hier.

Hingegen droht als Konsequenz des Ganzen “Skandals” eher eine Geldschwemme für willkürliche psychiatrische Abschreibe-Gutachten in immer engerem Takt, wie sie die Bundesjustizministerin schon ins Auge gefasst und in der Tagesschau verkündet hat.
Entsprechend wird die bekannte Lügenpropaganda  z.B. von Focus präsentiert (Nicht von der vermeintlich guten Überschrift täuschen lassen!):
Festgeschnallt, ruhiggestellt und isoliert: Mollath ist kein Einzelfall: Das passiert nach einer Einweisung in die Psychiatrie

Gegen all den bösen Stumpfsinn hilft nur Lachen, und so freuen wir uns, auf ein neues Video in unserer “Psychiatrie ein Witz” Website hinweisen zu können: “Erwin Pelzig – Fall Gustl Mollath – Neues aus der Anstalt vom 25.06.2013“, in der die Verleumdungs-Gutachter beim Namen genannt werden.

Ebenfalls was zum Lachen findet man in dem ausgezeichneten Text von Prof. Thomas Szasz über das psychiatrisch forensische Wortgestöber:
Der Kampf der Psychiatrie gegen strafrechtliche Verantwortlichkeit